Chacalón 2018-2023
“Diesseitig bin ich gar nicht fassbar. Denn ich wohne grad so gut bei den Toten wie bei den Ungeborenen. Etwas näher dem Herzen der Schöpfung als üblich. Und noch lange nicht nahe genug.“
Paul Klee, 1920
Die Eigenschaft des Wassers, im ruhigen Zustand sich in ein Spiegelbild zu verwandeln, hat mich an einem Flussufer zu einer neuen photographischen Serie inspiriert. Die Landschaft um mich herum erschien doppelt – auf der Wasseroberfläche und am Ufer. Dabei gibt es wenig Flüsse, die still stehen. Meist sind es flache Gewässer, die sich zu einem Spiegel verwandeln, sobald der Fluss stockt. Das Zusammenspiel von Wasser, Licht, Himmel, Erde, Natur, Bäumen, Häusern ergibt auf der Spiegelfläche des Wassers eine zauberhafte Wirkung, die sich wie der Eintritt in eine andere Welt anfühlt. Das Spiegelbild, das meine Augen wahrnehmen, ist keine „Realität“ mehr, sondern es ist und bleibt Wasser. Seltsamerweise ist Wasser in diesem Zustand kaum als Wasser wahrnehmbar. Es ist von der Außenwelt erfüllt, indem es die Umgebung auf seiner Oberfläche wie ein photographisches Bild wiedergibt. Das Wasser gibt Bäumen und Sträuchern zurück, was sie sind, ohne sich selbst zu zeigen. Es spiegelt ohne selbst gespiegelt zu sein. Was in den Spiegel an Licht und Schatten hineinscheint, scheint das Wasser auf dieselbe Art und Weise zurück. Wasser, Licht, Tages- und Jahreszeiten und die Vibrationen des Wassers „gestalten“ das Bild wie von selbst. In metaphorischer Weise sind wir Menschen dasselbe.
„Das Auge sieht nicht, sondern der Mensch. Seine Bewegungen sind wie die des Wassers, in seiner Ruhe ist er wie ein Spiegel, in seinem Verhalten mit der Außenwelt ist er wie das Echo. Er ist unsichtbar, wie verschwindend und durchsichtig wie klares Wasser.“ Dschuang Dsi