"Riesen" Peru 2001-2007
Wir müssen unser Dasein so weit, als es irgend geht annehmen; alles, auch das Unerhörte, muß darin möglich sein. Das ist im Grunde der einzige Mut, den man von uns verlangt: mutig zu sein zu dem Seltsamsten, Wunderlichsten und Unaufklärbarsten, das uns begegnen kann. Dass die Menschen in diesem Sinn feige waren, hat dem Leben unendlichen Schaden getan; die Erlebnisse, die man „Erscheinungen“ nennt, die ganze so genannte „Geisterwelt“, der Tod, alle diese uns so anverwandten Dinge, sind durch die tägliche Abwehr aus dem Leben so sehr hinausgedrängt worden, daß die Sinne, mit denen wir sie fassen könnten, verkümmert sind. Von Gott gar nicht zu reden. Aber die Angst vor dem Unerklärbaren hat nicht allein das Dasein des Einzelnen ärmer gemacht, auch die Beziehungen von Mensch zu Mensch sind durch sie beschränkt, gleichsam aus dem Flußbett unendlicher Möglichkeiten herausgehoben worden auf eine brache Uferstelle, auf der nichts geschieht.
Rainer Maria Rilke
Im Jahr 2000 flog ich wegen einer Ausstellung nach Peru, lernte dort meinen Mann kennen und lebe seither dort. Von unserem eigenem Geld fuhren wir 16 Jahre durch die Anden und erforschten die alte Geschichte. Wir hatten die unglaublichsten Abenteuer. Diese schrieb ich zusammen mit meinen Abenteuern in Ägypten in einem Erzählband „Tänzerflügel“ auf. Da ich seit 20 Jahren halb in Peru lebe, ist dort auch ein umfangreiches Werk entstanden. Die Europäer haben sich seit der Kolonisation Perus stark in die Geschichte des Landes eingemischt und sie geprägt. Die Annalen der Stammes-Kulturen wie Moche, Chimu, Aymara und Inka, die seit Jahrtausenden von Generation zu Generation mündlich weitergegeben werden, besagen etwas ganz anderes. Sie besagen, daß es in der zweiten Welt früher Riesen gegeben hat, die aber von den „Göttern“ versteinert wurden. Dasselbe sagen im Prinzip alle Annalen der Welt. Und über den Umweg von Südamerika lernte ich die Annalen meiner europäischen Vorfahren kennen, denn schon im Altertum lebten in Amerika (wegen eines Kometeneinschlags in Europa) viele Europäer. Die Spanier und Portugiesen kamen zuletzt.