Sanssouci 1991
Gegen Mitternacht hielt ich mich allein im Park von Sanssouci auf. Von weitem hörte ich eine leise, liebliche Melodie. Die Stille des Parks verstärkte sie. Ich lag auf dem Rasen, rieb mir die Augen, stand auf und ging den Tönen nach. Je näher ich dem Großen Palais kam, desto lauter wurde die Musik. Ich schaute durch die Fensterscheibe des Schlosses. Im Saal war ein festlicher Ball im Gange. Aus der Zeit vor dreihundert Jahren tanzten Adlige. Verwundert schaute ich mich um. Oben auf dem Dach des Schlosses waren die Stein-Skulpturen in Bewegung geraten. Putten und Engel flogen umher und posaunten. Was am Tag noch als unbewegliche Steinskulpturen wahrzunehmen war, schien sich um Mitternacht in Geister-Gestalten verwandelt zu haben. Inmitten dieser Szenerie tauchte ein Reiter aus dem Nebel auf. Ich erkannte Friedrich II. mit Dreispitz, Stiefel und Stock. Hinter ihm leuchtete ein Engel aus dem Gestrüpp eines Busches. Und auch die Figuren des chinesischen Teehauses hatten sich Geister-Gestalten verwandelt, um am Ball teilzunehmen. Da ich die Einzige im Park war, nahmen sie mich nicht wahr…
Eine Allegorie auf Friedrich II. – Photographien aus Zauber und Poesie.